Gesamtarbeitsvertrag
Gesamtarbeitsvertrag (GAV) Schweiz: Einfach erklärt und aktuell 2025
Der Gesamtarbeitsvertrag (GAV) ist ein zentrales Instrument im schweizerischen Arbeitsrecht. Er regelt branchenspezifisch die Mindestarbeitsbedingungen zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen – von Löhnen über Arbeitszeiten bis zu Ferienansprüchen. In vielen Branchen ist der GAV verbindlich und bietet Arbeitnehmern einen zusätzlichen Schutz über das gesetzliche Minimum hinaus.
In diesem Artikel erfährst du:
- Was ein GAV ist – einfach erklärt
- Ob ein GAV in der Schweiz obligatorisch ist
- Für wen ein GAV gilt
- Was Temporärarbeitende, Selbstständige, Freelancer und Grenzgänger beachten sollten

Was ist ein GAV? Einfach erklärt
Ein Gesamtarbeitsvertrag (GAV) ist eine schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften bzw. Arbeitnehmerorganisationen. Er legt verbindlich die Mindestarbeitsbedingungen in einer bestimmten Branche oder einem Unternehmen fest – etwa zu Löhnen, Arbeitszeiten, Ferien oder Kündigungsfristen. Ziel ist es, faire, einheitliche Regeln zu schaffen und den sozialen Frieden im Arbeitsmarkt zu sichern.
Rechtlich ist der GAV in der Schweiz im Obligationenrecht (OR), Artikel 356 bis 358 geregelt. Diese Bestimmungen definieren, was ein GAV ist, wie er zustande kommt und unter welchen Bedingungen er allgemeinverbindlich erklärt werden kann. Damit bildet das OR die gesetzliche Grundlage für die Durchsetzung und Gültigkeit von Gesamtarbeitsverträgen in der Schweiz.

Ist ein GAV in der Schweiz obligatorisch?
Nicht jeder GAV ist automatisch für alle verpflichtend. Ein GAV wird erst obligatorisch, wenn er vom Bundesrat oder einer kantonalen Behörde für allgemeinverbindlich erklärt wird. Dann gelten die im GAV festgelegten Bedingungen für alle Arbeitnehmenden und Arbeitgeber der Branche – unabhängig davon, ob sie Mitglied einer vertragsschliessenden Organisation sind.
WICHTIG: Die jeweils geltenden GAVs und ihre Allgemeinverbindlichkeit kannst du auf der SECO-Webseite prüfen.

Für wen gilt ein GAV – und was genau wird geregelt?
Sobald ein GAV in Kraft tritt, gelten seine Bestimmungen automatisch als Bestandteil des Einzelarbeitsvertrags – vorausgesetzt, sowohl Arbeitnehmer*in als auch Arbeitgeber sind Mitglied der jeweiligen vertragsschließenden Organisationen. In der Praxis wenden viele Arbeitgeber die GAV-Bestimmungen jedoch auch auf nicht-organisierte Arbeitnehmende an, um einheitliche Bedingungen im Betrieb zu schaffen.
Ein GAV regelt typischerweise:
- Mindestlöhne und 13. Monatslohn
- Lohnfortzahlung bei Krankheit, Mutterschaft oder Militärdienst
- Anzahl und Anspruch auf Ferien
- Wöchentliche Arbeitszeiten und Pausenregelungen
- Kündigungsfristen und erweiterter Kündigungsschutz
- Entschädigungen und Zuschläge (z. B. Nacht- oder Wochenendarbeit)
Diese normativen Bestimmungen haben unmittelbare Wirkung auf das Arbeitsverhältnis und bieten Angestellten oft einen besseren Schutz als das gesetzliche Minimum. Sie bringen besonders in konfliktanfälligen Branchen Rechtssicherheit und Transparenz für beide Seiten.
Wichtig: Ob ein GAV tatsächlich auf ein Arbeitsverhältnis anwendbar ist, hängt entscheidend vom persönlichen und betrieblichen Geltungsbereich ab. Das bedeutet: Auch wenn ein Unternehmen grundsätzlich einem GAV untersteht, können einzelne Mitarbeitende oder ganze Abteilungen ausgeschlossen sein, wenn sie nicht in den definierten Geltungsbereich fallen. Eine sorgfältige Prüfung ist daher unerlässlich, um Klarheit über die Anwendbarkeit des GAV zu schaffen.

GAVs in verschiedenen Branchen
In der Schweiz gibt es zahlreiche GAVs – unter anderem für:
- Baugewerbe
- Gastgewerbe (z. B. L-GAV)
- Reinigungsbranche
- Sicherheitsdienste
- Temporärarbeit (z. B. GAV Personalverleih)
Diese Verträge werden regelmässig überarbeitet und aktualisiert – oft im Turnus von 1 bis 4 Jahren.

GAV: Was gilt für Freelancer, Selbstständige, Temporärarbeitende & Grenzgänger?
Temporärarbeitende
Für Temporärmitarbeitende (über Personalverleihfirmen angestellt) gilt in der Regel der GAV Personalverleih, der Mindestlöhne, Ferienansprüche und Sozialleistungen regelt. Dieser GAV ist allgemeinverbindlich – also verpflichtend für alle Unternehmen, die in der Schweiz Personal verleihen.
Freelancer & Selbstständige
Freelancer gelten in der Schweiz rechtlich als Selbstständigerwerbende – der Begriff “Freelancer” ist nicht offiziell definiert. Wichtig:
- Sie unterliegen nicht automatisch einem GAV.
- Wenn sie aber in einer Branche tätig sind, in der ein GAV für alle gilt (z. B. Bau, Reinigung), können Mindeststandards auch für Selbstständige gelten.
- Eine AHV-Anerkennung der Selbstständigkeit ist entscheidend. Diese erfolgt über die AHV-Ausgleichskasse und beeinflusst Sozialabgaben und Versicherungspflichten.
Wichtig für Freelancer:
- Kein Anspruch auf Arbeitslosengeld (ALV), ausser bei befristeter Anstellung
- Pflicht zur Krankenversicherung
- Steuerpflicht in der Schweiz bei längerfristiger Tätigkeit (Doppelbesteuerungsabkommen beachten!)
Grenzgänger
Grenzgänger aus der EU/EFTA, die in der Schweiz arbeiten, unterliegen den gleichen arbeitsrechtlichen Bedingungen wie inländische Angestellte. Bei allgemeinverbindlichen GAVs sind auch sie an die Bedingungen gebunden (Lohn, Ferien etc.).
Je nach Dauer und Art der Beschäftigung sind spezielle Bewilligungen erforderlich (z. B. Ausweis G für Grenzgänger).

Fazit: GAV Schweiz – Was du wissen musst
Der Gesamtarbeitsvertrag ist ein essenzieller Bestandteil des Schweizer Arbeitsrechts. Ob als Angestellter, Temporärmitarbeiter oder Freelancer – wer in der Schweiz arbeitet, sollte wissen, ob ein GAV in seiner Branche gilt und welche Bedingungen verbindlich sind.
Ein GAV schützt vor unfairen Arbeitsbedingungen, sichert Mindestlöhne und sorgt für transparente Regelungen – für Arbeitnehmende wie auch für Arbeitgeber.